Entgegnungen aller Art

Was gibt es zu entgegnen und wem? - Christian Aberles Kunst wirkt auf den ersten Blick nicht wie das Œuvre eines Rebellen, sondern vielmehr in sich gekehrt. Ihre Nachricht an die Welt ist eher die eines konzentrierten, detailreichen Gestus. Prozesse der Transformation charakterisieren seine Bildästhetik - weniger als das Muss, welches alles Abbilden der Welt im Zweidimensionalen mit sich bringt, sondern als die Verwandlung von Sinn und Bedeutung. Stets ist das Gebrochene, das Unperfekte der Ausgangspunkt seiner aktuellen Arbeiten. Doch er belässt es nicht bei dem Versuch, zu reparieren, was vielleicht gar nicht repariert werden kann. Gefundene Formen und Gegenstände bewegen Christian Aberle zu einem perfektionistischen oder zumindest sehr bewussten Arbeiten im Abstrakten. Die Marginalie wird zu einer Linie oder einem Farbauftrag von großer Exaktheit. Man vermag die Bedeutung jener Details nicht zu benennen, aber sie ist da, nachvollziehbar und sichtbar in Aberles Werk. (...)
Sein Tun schließt an das anderer potenziell perfektionistisch arbeitender Künstler an. Wie Fra Angelico, Odilon Redon oder Lucien-Victor Guirand de Scévola flüchtet er in die unbenannten Flächen. Angelicos getropfte Muster auf Mauern, Redons Aquarelle, die den Schüler des detailverrückten Rodolphe Bresdin von des Meisters Ansprüchen befreiten oder aber die Hintergründe bei Guirand de Scévola, die einfach nur da sein müssen, wo der Blick doch manisch auf der Geometrie weiblicher Gesichter ruht. Allein, die vermeintlichen Fluchtwege ins Abstrakte sind keine, sie verschieben nur den Kontext. Plötzlich ist das Detail im Zentrum aller Aufmerksamkeit. So schafft auch Aberle abstrakte Strukturen, um in ihrer Ausführung dann doch eine neue Realität zu herzustellen, nur eine für die es noch keinen Namen gibt.

Oliver Tepel, Auszug aus dem Text zur Ausstellung Entgegnungen aller Art, Dynamite, Köln, 2018